Foto: Mark Ahsmann, Wikipedia
Trends & Zukunft

Neues Leben für alte Kaufhäuser: Drei Studien zeigen, was geht

Die Blütezeit der klassischen Kaufhäuser ist vorbei. Der florierende Onlinehandel und zuletzt die Corona-Pandemie haben ihnen wie auch vielen Einkaufszentren zugesetzt und ihre Konzepte als veraltet erkennen lassen. Drei Studien, die sich mit den Möglichkeiten der Umnutzung befassen, hat sich die Redaktion angesehen.

Was lässt sich aus ihren Ergebnissen ableiten? Für eine erfolgreiche Nachnutzung der Gebäude und eine damit verbundene Revitalisierung der Innenstädte und Nachbarschaften sind drei Aspekte gemeinsam zu betrachten: die bautechnischen Möglichkeiten (Umbau oder Abriss und Neubau bei schlechter Substanz), die wirtschaftlichen Chancen (Rentabilität, Flexibilität und Zukunftsfähigkeit der Konzepte) und die umwelttechnische Nachhaltigkeit (Ressourcenersparnis). Dieser letzte Punkt bleibt in den Untersuchungen erstaunlicherweise unterbelichtet. Die Studien stehen derzeit kostenlos zum Download bereit.

„Neueröffnung nach Umbau“ (2015)

Was wurde untersucht? Best-Practice-Vorher-Nachher-Beispiele: Siegen (ehemaliger Kaufhof/jetzt Krönchen Center), Neuss (Horten/Rheinisches Landestheater und Kreisverwaltungssitz), Lünen (Hertie/Wohn- und Geschäftshaus), Gelsenkirchen-Buer (Hertie/Linden-Karree), Detmold (Hertie/großflächiger Einzelhandel), Hamm (Horten/Heinrich-von-Kleist-Forum und Platz der Deutschen Einheit). Hinzu kommen fünf Fallstudien zu Umnutzungspotenzialen von Einkaufscentern in NRW.


Früher hieß es Horten, wie hier im Bild von 1995 waren davon bald nur noch die berühmten Horten-Kacheln übrig. Nach weiteren 25 Jahren wurde dann auch das Kaufhaus Galeria Kaufhof in der Innenstadt von Osnabrück geschlossen. „Auch in Braunschweig ist bei Galeria Kaufhof Schluss, in Hannover schließt das Karstadt-Haus“, berichtete im Juni 2020 der NDR.
Foto: Mark Ahsmann, Wikipedia

Wichtigste Ergebnisse und Empfehlungen

Die Städte sollten sich so früh wie möglich einschalten, bevor es zu Leerständen, Verfall und negativen Ausstrahlungseffekten auf das Umfeld kommt. „Der überwiegende Teil der ehemals leer gefallenen Warenhäuser konnte wieder genutzt werden. Die hervorragende Lage und der prinzipiell umbaufähige Baukörper spielen hierbei eine besondere Rolle. Die Gebäudeform und -struktur lassen nicht nur eine Wiedernutzung als Einzelhandelsfläche, sondern auch vielfältige andere Nutzungsarten aus den Bereichen Kultur, Bildung, Freizeit, Dienstleistung oder Wohnen zu. Eine Umnutzung macht meist einen Rückbau der Immobilie bis zum Rohbau (Erhalt des Tragwerks) notwendig, was zu durchaus wirtschaftlichen und architektonisch ebenbürtigen Lösungen im Vergleich zu einem Neubau führen kann.“ (S.76/77)

Quelle: Landesinitiative StadtBauKultur NRW 2020 (Hrsg.). Neueröffnung nach Umbau – Konzepte zum Um- bau von Warenhäusern und Einkaufscentern.

„Zur Nachnutzung von Warenhäusern“ (2018)

Was wurde untersucht? Das bayerische Wirtschaftsministerium hatte die GMA – Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung beauftragt, mit diesem Gutachten zugleich Hinweise für Kommunen zu erarbeiten, wie mit Leerständen besser umgegangen werden kann. Hierzu wurden die Kommunen zunächst befragt und dann Best-Practice-Beispiele bereits erfolgter Umnutzungen analysiert.

Wichtigste Ergebnisse und Empfehlungen

„An 1a‐Innenstadtstandorten in Großstädten ist der Betriebstyp Warenhaus auch heute erfolgreich. Im Windschatten der großen Warenhauskonzerne entwickelten sich auch kleinere, v. a. in Mittelstädten erfolgreiche Formate, wie die Kaufring‐Gruppe oder mittelständische Textilkaufhäuser (beispielsweise Breuninger oder Oberpaur). Die aufgegebenen Handelsstandorte wurden regelmäßig rasch durch Handel neu belegt. Die Leerstandssituation in Bayern unterscheidet sich vorteilhaft von der in anderen Bundesländern, wo der demographische Wandel und eine verhaltene Wirtschaftsentwicklung entsprechende Spuren hinterlassen haben.“ (S. 7) Im Freistaat setzt man demnach auf eine weiter wachsende Bevölkerung und bei der Bewältigung bestehender Leerstände vor allem auf die Immobilienwirtschaft.

Quelle: Wirtschaftsministerium Bayern (Dort „Studie zur Nachnutzung von großflächigen Einzelhandelsimmobilien“ ins obere Suchfeld eingeben.)

„Die Zukunft der Warenhaus-Immobilien“ (2020)

Was wurde untersucht? Die Studienautoren sichteten ihrerseits zunächst Studien und Fachliteratur zum Thema, um dann 52 geschlossene Warenhäuser der vergangenen zehn Jahre in Deutschland bzgl. ihrer Nachnutzbarkeit zu analysieren. Zudem wurden Experten aus dem Retail Investment befragt.

Wichtigste Ergebnisse und Empfehlungen


Warenhäuser gehörten lange Zeit zu den beliebtesten Anlaufstellen deutscher Innenstädte. Über eine zentrale Rolltreppe, die an den Waren vorbeiführte und weitere, z. B. gastronomische Angebote wurde die Aufenthaltsdauer erhöht: „ein maßgeschneidertes Konzept für den großflächigen Einzelhandel und Konsum“. (S.44) Zwischen 2003 und 2018 fiel ihr Umsatz jedoch um 46 Prozent auf nur mehr 5,59 Milliarden Euro, während die Onlineshops ihre höchsten Wachstumsquoten ausgerechnet in den einst wichtigsten Segmenten der Kaufhäuser erreichten. Technisch wurde festgestellt, dass für die Nachnutzungen relativ wenige Abrisse nötig waren, aber fast alle Immobilien für eine Umnutzung baulich verändert werden mussten. Bei den Nachnutzungen gab es mehr Mixed-Use-Konzepte als Einzelhandelslösungen – von letzteren musste ein Drittel wieder schließen, die Mischkonzepte der Untersuchungsfälle waren bei Studienschluss hingegen noch alle am Markt. Vielversprechend: Kombi aus Einzelhandel im EG, Büro- und Wohnflächen im OG, aber auch Hotel-, Gastronomie- und Pflegenutzungen.

Quelle: Die Zukunft der Warenhaus-Immobilien. Eine PwC-Studie zu aktuellen Nachnutzungskonzepten.

Der Artikel ist ursprünglich im Sonepar-Report in der Ausgabe November 2021 auf den Seiten 8/9 erschienen.

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2 Kommentare

  1. ein besonders gutes Beispiel für die Nachnutzung von ehemaligen Kaufhäusern hat die Stadt Chemnitz aufzuweisen.
    Nach der Schließung zweier großer Kauhäuser hat das kommunale Wohnungsunternehmen beide Häuser erworben
    und danach in einem umfangreichen Umstrukturierungsprozess eine Neuentwicklung eingeleitet.
    Aus einem dieser Kaufhäuser wurde ein „Kulturkaufhaus“ mit kommunaler Nutzung ( Stadtbibliothek, Volkshochschule, Naturkundemuseum
    Neuer sächsischer Galerie etc) und aus dem anderen von Erich Mendelsohn erbauten Kaufhaus ein Landesmuseum „staatliches Museum für Archäologie

  2. Klasse, daß Sie zu diesem Thema veröffentlichen! Das war für mich überraschend. Versuchen Sie jedoch bitte, überflüssige Anglizismen zu vermeiden bzw. aus den Quellen in die Kultursprache zu übersetzen, dankeschön. 🙂

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