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Land in Sicht: Digital nach draußen

Lange sah es so aus, als läge die Zukunft in den großen Städten. Vielen, die ihre ländliche Heimat für Studium und Jobs hinter sich gelassen hatten, galt Leben auf dem Land als altbacken und rückständig. Jetzt zeichnet sich ein Wandel ab.

Umzugsunternehmer kann man sich zurzeit als glückliche Wesen vorstellen. Das gilt mindestens für jene, die teilhaben am Wechsel der Stadtmenschen aufs Land. Denn sie fliehen vor hohen Preisen und Lärm in den (bis vor Corona) begehrten Citylagen. Zugleich wünschen sie sich mehr Platz für Kinder und einen eigenen Garten. Oder sie kehren dahin zurück, wo sie vor Ausbildung, Studium und Karrierestart ohnehin aufgewachsen sind.

Der Boom beginnt: 30- bis 50-Jährige zieht es aufs Land

Dass solche Wechselfälle gerade zum Trend werden, zeigen mehrere demografische Untersuchungen: Das Landleben boomt vor allem in der Gunst der 30- bis 50-Jährigen. Die Digitalisierung der Arbeitswelt und des Lebens (wenn auch buchstäblich noch ausbaufähig) wirkt als Umzugshelfer. Pandemiebedingte Phänomene wie Homeoffice und Remoteworking tun ein Übriges. „Daher“, so das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, „öffnet sich gerade ein Möglichkeitsfenster, in dem ein Leben auf dem Land für eine breitere Bevölkerungsgruppe als ernstzunehmende Alternative erscheint. Dies ist eine Chance für abgelegene Dörfer und Kleinstädte außerhalb der Pendeldistanz, Menschen zurückzugewinnen oder bislang überzeugte Städter anzuziehen.“ (Quelle: Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung & Wüstenrot Stiftung (Hrsg.). Digital aufs Land.)

Darum geht es!

Die Pandemie und die weltweiten Umbrüche wirken, bei aller Tragik, wie Teilchenbeschleuniger. Das gilt vor allem dann, wenn es darum geht, bisher übliche Verfahrens- und Denkweisen umzukrempeln. Die neue Serie, erstmalig erschienen im Sonepar-Report vom Mai 2022, beleuchtet dieses Umdenken und seine Chancen. In dieser ersten Folge geht es um den Wandel, den immer mehr ländliche Regionen erleben, und um erfolgversprechende Konzepte zum Wohnen, Gestalten und Gründen fernab der Metropolen.

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„Das Land ist, wo Menschen Veränderungen anstoßen“

Mit den neuen Nachbarn ziehen auch urbane Ideen ein. Wenn sie nicht von Illusionen auf der einen Seite und Misstrauen auf der anderen ramponiert werden, kann das eine große Chance in Richtung Strukturwandel sein. Grundlegende Voraussetzung, um hoch qualifizierte Arbeitskräfte und Gründer/-innen anzuziehen: ein vernünftiger Internetanschluss. Aber der reicht nicht allein aus. Straßendörfer ohne vitalen Ortskern, dafür aber mit ausgelagertem Gewerbegebiet und Discountern auf der grünen Wiese? Die sind für die viel zitierten Wissensarbeiter genauso wenig attraktiv wie für junge Familien. Dazu das Berlin-Institut: „Wichtig ist, wie sich das Leben auf dem Land gestalten lässt. Wo neue Begegnungs-, Freizeit- und Arbeitsorte entstehen, wo Menschen aktiv sind, die Veränderungen anstoßen (…) zieht es die neuen Landbewohner am ehesten hin – und wird auch das Leben für Einheimische attraktiver.“

Während die Städte immer voller und teurer werden, lockt das Land mit günstigen Preisen und Freiräumen zum Gestalten und Gründen. (Foto: Bohdan/stock.adobe.com)

Auf Zeit und Gegenseitigkeit

Manchmal ist es ja besser, alles erst einmal vor Ort zu testen. Das erscheint attraktiver, als statt gleich das komplette eigene Leben auf den Kopf zu stellen. Dafür gibt es sogenannte temporäre Projekte. Sie schießen seit 2020 wie Pilze aus dem Landboden. Und sie folgen dem Motto: „Digitalisierung lässt Ideen sprießen“. Ihre Namen lauten beispielsweise: „Summer of Pioneers“, „Raumpioniere Oberlausitz“, „Think- Farm Eberswalde“ oder „CoWorkLand“.

Die teilnehmenden Dörfer, Kommunen und Initiativen locken gezielt experimentierfreudige Kreative und potenzielle Gründer. Das kommt an: Die neue Zielgruppe kann so das Leben und Arbeiten jwd auf Zeit erproben. Mit oftmals supergünstigen Mieten für Wohnungen und Gewerbeflächen zielen die Initiativen letztlich auf Gegenseitigkeit. Denn Zuzug brauchen gerade die „strukturschwachen“ Regionen. So können sie dem demografischen Wandel und der „Brain Drain“ genannten Abwanderung von Wissen und Fachkompetenz gut begegnen.

Coworking (gemeinschaftliche Arbeitsorte), „Coliving“ und „Cohousing“ (gemeinschaftliche Wohnkonzepte auf Zeit bzw. auf Dauer) sind erfolgversprechende Konzepte. Sie lassen sich in solchen Projekten ausprobieren.

Eine Frage des Geldes

Natürlich sind es auch die Immobilienpreise, die Umzugswilligen ein wichtiges Argument liefern. Sie liegen in den Landkreisen deutlich niedriger als in den Metropolen. Das gilt mit Ausnahme der Einzugsgebiete von Wirtschaftsboomern wie München oder Stuttgart. Was Immobilienerwerb wo derzeit kostet und wie gute Zukunftschancen welchen Regionen zugeschrieben werden, hat die Sparda-Studie „Wohnen in Deutschland 2021“ ermittelt. Demnach müssen für ein Eigenheim durchschnittlich fast 2.700 Euro pro Quadratmeter investiert werden. In den Städten ist das knapp 47 Prozent mehr als auf dem Land. Dabei variieren die Quadratmeterpreise zwischen 880 Euro im Kyffhäuserkreis und 8.301 Euro im Landkreis München. Die komplette Studie gibt es kostenlos zum Download. Obendrauf findet sich dort ein interaktives Online-Tool, mit dem man zum Beispiel den „Erschwinglichkeits-Index“ für einzelne Regionen oder aktuelle Wanderungsbewegungen abrufen kann – bevor man den Umzugswagen bestellt.

Kennen Sie den Sonepar-Report schon? Dieser Beitrag ist eine Bearbeitung. Den Originalbeitrag finden Sie im Report in der Ausgabe Mai 2022 auf den Seiten 6/7.

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