Dem Klimawandel zu begegnen, galt lange als Zukunftsprojekt. Ökologische Fakten wurden teilweise ignoriert und Gegenstrategien auf die lange Bank geschoben. Die geopolitischen Umwälzungen der letzten Monate zeigen jetzt: Schnelles Handeln hin zu neuer Energie ist unerlässlich.
Eigentlich ist es längst klar: Nur wenn wir genügend grüne Energie produzieren und unsere Häuser, Industrie- und Gewerbebetriebe, Büros, Schulen und öffentliche Gebäude klimaneutral betreiben, ist unser Wohlstand nachhaltig. Nur dann geht er nicht zulasten kommender Generationen oder anderer Länder. Das bietet auch für das E-Handwerk wichtige Perspektiven.
An grüner Energie wird unter anderem mit Bundesmitteln seit über 40 Jahren im Rahmen von Energieforschungsprogrammen gearbeitet. „Ohne diese beharrliche Forschung wären manche heute im Energiesystem selbstverständlich verfügbaren Technologien nicht einsatzreif. Dennoch braucht der Pfad zur Klimaneutralität bis 2045 eine weitere Intensivierung der Forschung und des Praxistransfers: Energieforschungsförderung ist ein unverzichtbares Element der Energiepolitik.“ So steht es in einer Broschüre des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), die im Januar erschienen ist.
2045? Das wären fünf Jahre früher als zunächst geplant. In der Zwischenzeit hat sich die Situation allerdings so rasant verändert, dass klar wird: Es muss noch schneller gehen. Auch und gerade, wenn es um unsere energetische Unabhängigkeit geht. In hohem Maße entscheidend dafür wird eines sein: Wie schnell Forschende in der Lage sind, innovative, praktikable und auch im wirtschaftlichen und sozialen Sinne „nachhaltige“ Alternativen zu entwickeln. Die Report-Redaktion hat dazu zwei beispielhafte Projekte ausgewählt. Sie zeigen, was Forschung und Entwicklung bereits jetzt dafür leisten und was sie in naher Zukunft beitragen können. Am Schluss dieses Beitrags finden Sie ein ebenso beispielhaftes Projekt aus der Praxis. Von dessen Erfahrungen profitieren ab sofort alle Interessierten.
1. Energie mit Zukunft: Strom und Gas aus dem Klärwerk
Sie konsumieren Strom und Wärme und erzeugen Biomethan, das in Strom und Wärme umgewandelt werden kann. Damit sind moderne Klärwerke „Prosumer“. Das heißt, sie sind zugleich Hersteller und Verbraucher. Methan ist ein wesentlicher Bestandteil von Erdgas. Genau wie Biogas. Während Erdgas jedoch zu den fossilen Quellen zählt und seine Verbrennung zur Klimaerwärmung beiträgt, zählt Biomethan aus Biogas zu den erneuerbaren, klimaneutralen Energieträgern. Man kann es zum Heizen und zur Stromproduktion nutzen. Um das Potenzial von Klärwerken als Strom- und Gasanbieter auf dem Energiemarkt zu erforschen, wird im Verbundprojekt „Kläffizient“ die Aufwertung von biogenem Klärgas in einer Modellanlage und als Simulation mittels digitalem Zwilling erforscht. Mehr dazu hier.
2. Energie mit Zukunft: Strom, auch wenn die Sonne nicht scheint
In sonnenverwöhnten Ländern wie Marokko oder Spanien produzieren solarthermische Kraftwerke schon länger umweltfreundlich Strom. Die Anlagen funktionieren wie konventionelle Dampfkraftwerke. Anstelle von Brennstoff durch Spiegel nutzen sie gebündelte Sonnenstrahlung als Energiequelle. Durch integrierte Wärmespeicher liefern sie auch dann Strom, wenn die Sonne nicht scheint. In künftigen „Parabolrinnenkraftwerken“ will man das für den Wärmetransport heute noch übliche Thermoöl durch geschmolzenes Salz ersetzen. Es dient gleichzeitig als Wärmespeichermedium. Damit sind die Anlagen bei höheren Temperaturen betreibbar, speichern mehr Wärme und produzieren mehr Strom. Das europäische Verbundprojekt EuroPaTMoS will die auf flüssigsalzbasierte Technologie schneller einsatzreif und für die Klimawende nutzbar machen.
3. Kostenlose Planungshilfe für Wärmepumpenquartiere
Forscherinnen und Forscher haben zwei Wohngebiete mit unterschiedlichen Wärmepumpenkonzepten verglichen. Für Fachleute aus Planung und Architektur bieten die dabei entwickelten Planungshilfen eine gute Basis für künftige Bauvorhaben. Beim ersten Quartier handelt es sich um die Solarsiedlung am Ohrberg bei Hameln, die aus 70 rund 20 Jahre alten Niedrigenergie-Einfamilienhäusern besteht. Alle Gebäude sind ausgestattet mit Solarthermieanlage, Trinkwarmwasserspeicher und einer Wasser-Wasser-Wärmepumpe, die an ein kaltes Nahwärmenetz angeschlossen ist. Dieses stellt das gesamte Jahr über eine relativ konstante Temperatur von min. 10 °C für die Wärmepumpen als Quelle zur Verfügung.
Das zweite Quartier ist die 2016 erbaute Effizienzhaus-Plus-Siedlung Hügelshart in Bayern. Hier dient die Umgebungsluft als Quelle. Jedes der 13 Gebäude ist mit einer Luft-Wärmepumpe, einem Heizungs- sowie Trinkwarmwasserspeicher ausgestattet und verfügt zusätzlich über eine PV-Anlage mit Batteriespeicher. Ein Energiemanagementsystem sorgt dafür, dass die thermischen und elektrischen Speicher optimal genutzt werden, um den lokal erzeugten Strom der PV-Anlage möglichst im eigenen Haus zu verwenden. Die Ergebnisse des Vergleichs und die Planungshilfen finden sich hier.
Viele weitere Beispiele neuer Energieforschungsprojekte finden Sie in der Broschüre „Energie von morgen – wie Forschung und Förderung erfolgreich zur Energiewende beitragen“ online.
Dieser Beitrag ist eine Bearbeitung. Den Originalbeitrag finden Sie im Report in der Ausgabe Juni 2022 auf den Seiten 6/7.