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E-Handwerk in den 1970ern: Ein Jahrzehnt der Herausforderungen

Zum Sonepar-Jubiläum blicken wir zurück auf das E-Handwerk in den 1970er Jahren: Was waren wichtige Themen in Beruf und Wirtschaft, Betrieb und Ausbildung? Ein Rückblick auf eine Zeit zwischen Technikboom und Ölpreisschock.

Nein, früher war nicht alles besser, auch nicht schlechter, nur eben anders. Die 1970er waren für die einen das wilde Jahrzehnt: eine Zeit für (späte) Hippies und Studentenbewegung, alternative Wohn- und Arbeitsformen, fantasievolle Proteste und legendäre Festivals, aber auch der gefährlichen, terroristischen Ausläufer. Die anderen, die schon mitten im Beruf oder im eigenen Unternehmen steckten, erinnern sich vor allem an eine Zeit der Herausforderungen. Der Boom des Wirtschaftswunders, der die beiden vergangenen Jahrzehnte geprägt hatte, wurde jäh unterbrochen von der ersten „Ölkrise“ (auch: „Ölpreiskrise“ oder „Ölpreisschock“ genannt). Sie führte in der Bundesrepublik 1973 zu den berühmten autofreien Sonntagen und löste in den Industrieländern insgesamt schwere Rezessionen aus – ein Vorgang, der sich mit der zweiten Ölkrise 1979/80 noch verstärkte.

Erfolgs-Handwerk unter Druck

Kleinere „Konjunkturdellen“ hatte es auch zuvor schon gegeben, aber insgesamt war es der Elektrobranche und mit ihr dem E-Handwerk seit den Aufbaujahren überdurchschnittlich gut ergangen. Nun aber wehte ein merklich kälterer Wind. Den Abschwung des Baugewerbes bekamen insbesondere die Elektroinstallateure, die rund drei Viertel des Elektrohandwerks ausmachten, deutlich zu spüren. 1975 verzeichnete man erstmals Umsatzrückgänge und reduzierte die Zahl der Beschäftigten. Als 1977 das Gröbste überstanden war, zählten die E-Handwerke 38.305 Betriebe mit 264.000 Beschäftigten. Der Abwärtstrend bei Umsätzen und Fachpersonal war damit (anders als in anderen Wirtschaftszweigen) erst mal gestoppt.

ZVEH contra Bundespost

Die nächste größere Herausforderung – neben den zeitgemäß lautstark geführten Auseinandersetzungen um Löhne und steigende Lohnnebenkosten – hieß „staatliche Monopole und Eingriffe“. Besonders heftigen Streit bis hin zu einer Verfassungsbeschwerde gab es um das brandneue Thema Kabelfernsehen. In der Konkurrenz mit der mächtigen Deutschen Bundespost (die zugleich als Bundesunternehmen und Genehmigungsbehörde fungierte) hatten kleine und mittelständische E-Handwerksbetriebe beim Ringen um Aufträge zur Errichtung von Gemeinschaftsantennen und Kabelfernsehanlagen oft das Nachsehen. 1979 scheiterte zwar die Beschwerde gegen die Wettbewerbsvorteile der Monopolistin vor dem höchsten Gericht, doch gelang es dem ZVEH, mit fleißiger Lobbyarbeit ein gutes Ende für seine Mitglieder zu erreichen. Schon acht Jahre später wurden mehr als 66.000 Kabelanschlüsse installiert – pro Monat (!) und fast ausschließlich von E-Handwerksbetrieben.,

Nicht zuletzt die Ölkrise prägte das Jahrzehnt. Hier ein autofreier Sonntag mit Polizeikontrolle in den Niederlanden. (Foto: Penta Springs/Alamy Stock Photo)
Nicht zuletzt die Ölkrise prägte das Jahrzehnt. Hier ein autofreier Sonntag mit Polizeikontrolle in den Niederlanden. (Foto: Penta Springs/Alamy Stock Photo)

Ein prägendes Jahrzehnt

Im Rückblick stellen sich die 1970er als ein Jahrzehnt der beginnenden Umschwünge dar. Auf die Krise folgten neue Ideen, wie eine bessere und sichere Zukunft aussehen könnte. Und die Entwicklung innovativer Technologien. Neue Rundfunk-, Fernmelde- und Telefontechnik, Kabel- und Satellitenfernsehen, Computertechnik bis zu den ersten bezahlbaren PCs fluteten die Märkte. Für das E-Handwerk bedeutete all dies eine starke Ausweitung seiner Betätigungsmöglichkeiten.

Das Erleben von Ölkrise und weltweiter Instabilität einerseits und dem technischen Fortschritt andererseits schärfte das modernere Profil, das sich die E-Handwerke damals gaben. Die erstmals auch offen diskutierte Frage, wer die Ausbildung der Azubis im dualen System regulieren dürfte und wie man der neuen Generation gegenübertreten sollte, taten ein Übriges.

Und ein Anfang in Sachen Nachhaltigkeit

Freilich blieben, zumindest aus heutiger Sicht, auch Widersprüche offen. So wurde mit dem Ölpreisschock von 1973 das Interesse an alternativen Energien und Antrieben deutlich stärker. Das zeigte sich auch in der Tatsache, dass ab Mitte des Jahrzehnts erstmals mehr Solarzellen für terrestrische Zwecke als für den Einsatz in der Raumfahrt produziert wurden. Doch noch wurden große zentrale Kernkraftwerke als die beste Lösung für eine flächendeckende Energieversorgung angesehen. Es sollte also noch dauern, bis man in längeren Zeiträumen zu denken begann und sich nach den Folgen des eigenen Planens und Handelns für unsere Erde fragte. Aber der Anfang war gemacht.

Den vollständigen Beitrag finden Sie im Report Ausgabe Februar 2022 auf den Seiten 18 und 19 und hier.

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